Gedenken an Radaktivist Natenom: Auf dem Lenker sitzt ein Elefant
Ende Januar wurde Andreas Mandalka, genannt Natenom, von einem Auto angefahren – und verstarb. Am Sonntag erinnerten Radfahrende an den Aktivisten.
BERLIN taz | Radfahrer:innen haben am Sonntag in mehreren deutschen Städten an den „Natenom“ genannten Fahrradaktivisten Andreas Mandalka erinnert. Natenom wurde Ende Januar von einem Auto angefahren und verstarb. Sein Unfalltod löste vor allem unter Radfahrer:innen Bestürzung aus.
In Pforzheim, der Stadt nahe dem Unfallort, kamen nach Angaben der Polizei rund 500 Menschen für eine Kundgebung und eine Gedenkfahrt zusammen. Einer der Organisatoren sprach von rund 550 Teilnehmer:innen.
Auch in Berlin gedachten Fahrradfahrende des getöteten Aktivisten. In einem Post auf X schreibt die Radinitiative RadXberg aus dem Berliner Stadtteil Kreuzberg, dass rund 300 Menschen auf einer Gedenkfahrt vom Elefantentor des Berliner Zoos bis zum Verkehrsministerium von Natenom Abschied nahmen.
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Der Startpunkt war kein Zufall: Ein stilisierter Elefant diente als Logo für Natenoms Blog. Dort schrieb der Fahrradaktivist über seine Erfahrungen im Straßenverkehr, häufig wies er auf Gefahrenstellen hin. „Wir wollen endlich sicher und lebend an unser Ziel kommen und abends unsere Lieben in den Arm nehmen können, anstatt für sie Tauerreden zu schreiben“, sagte Christian Roux von der Organisation Changing Cities bei der Kundgebung im Berliner Zoo – und würdigte damit Natenoms unermüdlichen Einsatz für mehr Sicherheit für Radfahrende.
Der 43-jährige Mandalka war Ende Januar auf seinem Mountainbike von einem Auto gerammt worden – obwohl er mit einer gelben Warnweste unterwegs war. Er starb noch an der Unfallstelle auf einer Landstraße bei Neuhausen (Enzkreis) an seinen Verletzungen. Die Polizei ermittelt gegen einen 77 Jahre alten Autofahrer wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.
In Leipzig waren am Sonntag nach Angaben der Initiative Verkehrswende Leipzig rund 130 Radfahrer:innen für Natenom auf der Straße. Laut dem nordrhein-westfälischen ADFC gab es unter anderem in Essen, Dortmund, Düsseldorf und Gelsenkirchen Gedenkfahrten. Changing Cities schrieb von „mindestens 29 Städten“, in denen zur Erinnerung an Natenom Aktionen stattfinden sollten.
Weißes Fahrrad mit Plüschelefant erinnert an Natenom
Bundesweit trugen die Demonstrierenden die zentralen Forderungen des Fahrradaktivisten auf die Straße: Changing Cities forderte die Reform des Straßenverkehrsrechts, damit Menschen auf dem Rad und zu Fuß als „gleichwertige Verkehrsteilnehmende wahrgenommen werden“ – neben den Autofahrer:innen. Fahrradfahrende und Fußgänger:innen müssten im Verkehr besser geschützt werden, hieß es etwa auf der Internetseite des ADFC Pforzheim-Enzkreis. [https://changing-cities.org/natenom-bundesweite-schweigeminute-fuer-getoeteten-radaktivisten/]
Der örtliche Fahrradclub hatte in Pforzheim zusammen mit anderen Radverbänden zu einer Gedenkfahrt zur Unfallstelle aufgerufen. Dort wurde ein sogenanntes Ghostbike aufgestellt: ein weiß gefärbtes Fahrrad, als Mahnmal und Erinnerung an Radfahrer:innen, die im Straßenverkehr ums Leben kamen. Auf dem Lenker des Geisterrads in Pforzheim saß zu Ehren Natenoms ein Plüschelefant.
Schon in der Nacht auf Montag habe eine unbekannte Person die Gedenkstätte verwüstet, wie der ADFC Pforzheim-Enzkreis mitteilte. Nach Angaben der Polizei seien das Geisterrad und aufgestellte Kerzen umgeworfen worden, der:die Täter:in habe außerdem eine Laterne beschädigt. Die Polizei hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und bittet Zeug:innen um Mithilfe.
Anmerkung der Redaktion: Auf Hinweis eines Lesers wurde in diesem Artikel am 26. Februar ergänzt, dass die Gedenkstätte verwüstet wurde.
Leser*innenkommentare
Niemals
Rücksicht und Einsicht wären so wichtig - wohin musste denn der Autofahrer so schnell? Konnte er nicht einfach langsamer fahren und warten bis ein weiträumiges Überholen möglich war. Wäre schön, wenn es wenigstens wirklich bestraft werden würde, obwohl das auch niemanden lebendig macht.
Minion68
@Niemals Ich wünsche mir auch viel mehr Rücksicht von allen Verkehrsteilnehmern.
Wer ein Kraftfahrzeug steuert, sollte sich dessen besonders bewusst sein, da hier das Gefahrenpotential besonders hoch ist. Nur leider gilt ein Auto vielen hierzulande immer noch als Statussymbol, nach wie vor, erkennbar u.A. an der Art der Werbung für Autos, und an deren Designs.
Martin Rees
@Niemals Das soll nichts entschuldigen, aber vielleicht ist es gar nicht so selten, dass eine kurze Phase der Unkonzentriertheit ein Menschenleben kostet.
Es reicht sogar eine kurze Unaufmerksamkeit, vielleicht eine Absence oder ein Anruf, der ein Aufreger wird. Herzrhythmusstörungen sind ebenfalls nicht selten Ursache kurzer Handlungsunfähigkeit.
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"1 Sekunde Unaufmerksamkeit entspricht 30 Meter Blindflug
Bereits bei einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde führt eine Unaufmerksamkeit von nur einer Sekunde zu einem fast 30 Meter langen Blindflug. Fünf Sekunden bei Tempo 50 bedeuten 70 Meter ohne jegliche Kontrolle. Kommt es zu einer Gefahrensituation, ist die Reaktionszeit in der Regel zu kurz, um adäquat zu reagieren."
www.meinauto.de/lp...ren-autosicherheit
Erfahrungssammler
@Martin Rees Zum zweiten Absatz:
Telefonieren während der Fahrt sollte generell technisch unmöglich sein. Ein kurzer Hinweiston, und man fährt den nächsten Parkplatz an.
hermanator
Die oben erwähnte "Gedenkstätte" wurde innerhalb von weniger als 24h vandalisiert.
Erfahrungssammler
@hermanator Hier in einem 2000-Einw.-Nest gehts mit ALLEM, was neu errichtet oder erneuert wird, genauso. Die IGS sieht aus wie in einem Drittland während eines Krieges. Das erste, was immer zerstört wird, sind Abfallbehälter, schon bevor sie zum ersten Mal gefüllt sind. Bänke für die Öffentlichkeit haben eine Lebensdauer von weniger als einer Woche.
mdarge
@hermanator Manchmal dauert es zwei oder drei Versuche, bis die Ghostbikes akzeptiert werden. Es braucht leider Leute, die sich drum kümmern.