Repressionen gegen LGBTQ+ in Georgien: EU-Beitrittskandidat auf Abwegen

Die Regierung in Georgien will Queere zu Menschen zweiter Klasse machen, der EU-Beitritt wäre damit erledigt. Nur die Jungen können das Land noch retten.

Eine Frau sitzt auf dem Rasen bei einer LGBt Demonstration vor einer Polizeikette

Ein Anti-LGBTQ+-Gesetz wird zum Georgischen Albtraum Foto: David Mdzinarishvili/reuters

Georgiens politische Führung spielt mit dem Feuer. Unter dem Titel „Familienwerte und Schutz von Minderjährigen“ will die Regierungspartei Georgischer Traum (KO) ein Anti-LGBTQ+-Gesetz ins Parlament einbringen, bei dessen Abfassung offensichtlich Russlands Präsident Wladimir Putin Pate gestanden hat.

Keine Kundgebungen mehr, bei denen für die Rechte queerer Menschen geworben wird, Verbot von Geschlechtsangleichungen und Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare – das ganze Programm. Sollte dieses Gesetz in Kraft treten, würden Angehörige sexueller Minderheiten endgültig zu Menschen zweiter Klasse abgestempelt.

Warum der KO mit diesem irrwitzigen Vorhaben ausgerechnet jetzt um die Ecke kommt, liegt auf der Hand: Im Herbst finden Parlamentswahlen statt. Zwar braucht sich die Partei, ob des desolaten Zustands der Opposition, um ihre Mehrheit keine Sorgen zu machen. Dennoch glaubt die Regierung, sich vor allem bei stockkonservativen Kreisen anbiedern und etwas anbieten zu müssen.

Dieses durchsichtige Manöver könnte jedoch teuer werden. Vor allem dürfte sich Brüssel düpiert fühlen. Seit vergangenem Dezember ist die Südkaukasusrepublik ein EU-Beitrittskandidat, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Eine Auflage, um den Prozess fortzusetzen, ist die Verabschiedung von Gesetzen zum Schutz individueller Rechte, die EU-Standards entsprechen. Die geplante Russland-light-Variante der LGBTQ+-Repression ist jedoch das Gegenteil davon und eine Provokation, die die EU nicht durchgehen lassen kann.

Aber nicht nur die EU, auch Teile der Zivilgesellschaft bringt die Regierung gegen sich auf – vor allem junge Menschen sowie alle diejenigen, die in Richtung Europa blicken. Im vergangenen Jahr kam die Regierung bereits auf die grandiose Idee, mit einem Gesetz über „ausländische Agenten“ NGOs kaltzustellen. Nach Massenprotesten verschwand das Regelwerk wieder in der Schublade. Vielleicht stehen bald wieder Zehntausende in Tbilissi vor dem Parlament. Die Chancen dafür stehen gut.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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